Mittwoch, 17. August 2011

Was gab's also in der Steinzeit?

Was ist die Steinzeiternährung?
In einem Satz: Essen, das es auch schon vor 100.000 Jahren gab.
Auch wenn man nicht weiß, was genau Menschen in der Steinzeit (gemeint ist der komplette Zeitraum vor etwa 10.000 v.Chr.) gegessen haben, wissen wir doch, was sie sicher nicht gegessen haben: Getreide (in größeren Mengen, als man sie von Wildgräsern sammeln kann, Ackerbau gab es nicht), Zucker, Pflanzenöle (kein Ackerbau, kein Mais-, Weizenkeim-, Soja-, oder Rapsöl), Milchprodukte (um damals an die Milch einer Kuh zu kommen, musste man sie töten) außerdem natürlich Geschmacksverstärker, Aromastoffe, Stabilisatoren, kurz alles was eine E-Nummer hat.

Was wurde also gegessen?
Das hängt sehr stark vom Lebensraum ab. In den Tropen und Subtropen wurde, wie man an den Lebensgewohnheiten heutiger Indianerstämme ableiten kann, viel Obst und Knollengemüse (Yams, Maniok) sowie Nüsse, Eier, Fleisch und Fisch gegessen. Je weiter nördlich (oder südlich) man geht, desto saisonaler und spärlicher wurde der Obstkonsum zu Gunsten von Fleisch und Fisch. Ganz im Norden ernähren sich traditionell lebende Inuit (Eskimos) zu 100% von tierischer Nahrung, und damit komplett kohlenhydratfrei, von Fleisch, Fett und Innereien von Robben, Walen und Fisch. Zivilisationskrankheiten sind trotzdem (oder eher deshalb), wie bei Indianerstämmen aus den tropischen Regionen, praktisch unbekannt.


Warum Steinzeiternährung?
Weil das die Nahrung ist, für die wir gemacht sind. Genetisch sind wir Höhlenmenschen. (Der Begriff "Wir" ist hier sehr begründet, denn kaum eine Tierart hat eine so geringe genetische Variation wie der Mensch. Ein gemeinsamer Vorfahre aller Menschen liegt höchstens 200.000 Jahre zurück: Mitochondrial Eve. Geht man also davon aus, dass es für irgendein Tier eine artgerechte Ernährung gibt, gilt dies um so mehr für den Menschen.)


Kurzer historischer Abriss
Die Entwicklungsgeschichte des Menschen (Gattung „Homo“) begann vor etwa 2,5 Millionen Jahren, seither sind etwa 77.000 Generationen vergangen. 
Vor 1,9 Millionen Jahren entwickelte sich der Homo erectus (lat. aufgerichtet), bis heute sind dies etwa 60.000 Generationen.
Der moderne Mensch (lat. Homo sapiens, einsichtsfähiger, weiser Mensch) entwickelte sich vor 200.000 Jahren in den Savannen Afrikas. Seither gab es etwa 7.000 Generationen.
Die neolithische Revolution, der Beginn von Ackerbau und Viehzucht im Gebiet Mesopotamiens (also etwa des heutigen Iran, Irak), fand vor 10.000 Jahren oder 370 Generationen statt. Seither sind Getreide, Hülsenfrüchte und Milchprodukte in großen Mengen verfügbar und bilden die Grundlage der Nahrung. 
Die industrielle Revolution, die Zucker für weite Teile der Bevölkerung erschwinglich machte, begann um 1850 (7 Generationen). Eine Nahrungsmittelindustrie, die fertige Gerichte mit Aroma- und Farbstoffen, Stabilisatoren und Geschmacksverstärkern anbietet, entwickelte sich erst vor etwa 100 Jahren (oder 4 Generationen).


Zusammenfassung
Das heißt: Getreide, Hülsenfrüchte und Milchprodukte wurde in den letzten 0,5%, Zucker in den letzten 0,01%, „Junk Food“ in den letzten 0,005% der Menschheitsgeschichte verfügbar. Dies ist zu kurz für eine genetische Anpassung.
Glaubt man, dass die Wahl der Nahrung Einfluss auf die Gesundheit hat, insbesondere Zivilisationskrankheiten auslöst oder zumindest begünstigt, sollte man vielleicht zuerst unter den Nahrungsmitteln suchen, die gleichzeitig mit diesen Krankheiten aufgetaucht sind und nicht unter jenen, die bereits Millionen Jahre vor dem Auftreten der Krankheiten gegessen wurden.

3 Kommentare:

  1. Hallo Sebastian,

    das ist eine sehr schöne Zusammenfassung der Steinzeit-Ernährung!

    Herzlichen Glückwunsch zum neuen Paleo-Blog, ich hab' ihn in meine Liste mit aufgenommen: http://paleosophie.de/blog/2011/09/paleo-auf-deutsch-der-deutsche-paleo-blog-wegweiser

    Hoffentlich ist das Motivation, bald mehr Artikel zu schreiben?

    Viele Grüße aus München,
    Constantin

    AntwortenLöschen
  2. Servus Sebastian, die Inuit ernährten sich nicht 100% kohlenhydratfrei. Sie essen z.B. Moose und Flechten und auch den pflanzlichen Mageninhalt der vieler Tiere, die sie jagen. Sie weisen leider überdurchschnittlich hohe Osteoporoseraten und Neigung zu früher Demenz auf. dies dürfte u.a. ihrer zu proteinlastigen Ernährung und zu wenig zugeführten Basen geschuldet sein.

    Prima Blog! LG Robert

    AntwortenLöschen
  3. Hey Robert,

    danke für den Kommentar.
    Stimmt, Eskimos ernähren sich nur 6 bis 9 Monate im Jahr KH-frei, wie Stefansson berichtet (http://en.wikipedia.org/wiki/Vilhjalmur_Stefansson). Wie Du weisst, hat sich Stefansson selbst zu Studienzwecken 12 Monate nur von Fleisch und Innereien ernährt und hatte keine Mangelerscheinungen.
    Zu Osteoporose und Demenz kenne ich keine Daten.
    Ich will auch nur zeigen, dass eine extrem KH-arme Ernährung möglich ist, auch wenn das natürlich nur den Umständen des Lebensraums Arktis geschuldet ist.

    Viele Grüße
    Sebastian

    AntwortenLöschen