Sonntag, 22. Januar 2012

In Ketose zum Ironman - Teil 3

Das Rennen
Im dritten Teil werde ich kurz beschreiben, wie das Rennen lief und eine Zusammenfassung der Vorbereitung geben. Acht Tage vor dem Wettkampf sind wir zu dritt angereist. Die letzte Woche gabs wie immer Saltin-Diät, d.h. bis Mittwoch Fett-Eiweiß-Phase, ab Donnerstag Carboloading. Durch das vorherige Entleeren der Glykogenspeicher sollen diese, so sagt es die Theorie, während der "Kohlenhydratmast" um so besser aufgefüllt werden, so dass man beim Wettkampf das volle Potential hat. In Nizza lässt es sich generell leben wie Gott in Frankreich. Wer die Supermärkte in Frankreich kennt, weiß, dass das Angebot alles in Deutschland in den Schatten stellt. Dazu kamen frisches Obst und alles mögliche aus dem Meer. In dieser Woche ging es deshalb vor allem darum nicht all zu viel zu essen. 
Pastaparty im Team-Shirt
In der Fett-Eiweiß-Phase wurde wieder vollkommen kohlenhydratfrei gegessen. Es gab Fleisch, Fisch, (Ziegen-)Käse, Eier, Nüsse und etwas Gemüse, wie Tomaten oder Gurken. 
Ab Donnerstag wurde das Fett durch Kohlenhydrate ersetzt. Mageres Fleisch und Fisch standen zusammen mit (Trocken-)Obst und Kartoffeln auf dem Speiseplan.

Renntag
Am Renntag klingelte, wie immer, um halb vier der Wecker und ich versuchte so viel wie möglich zu frühstücken (mit einem sehr ausgiebigen Frühstück hatte ich die Jahre davor bereits gute Erfahrungen gemacht). Neben Obst und Schinken habe ich vor allem Milchreis gegessen. 
Dann die selbe Prozedur wie jedes Jahr: Halb müde halb beklommen zum Start, Gedanken, warum man sich das eigentlich alles antut verdrängen, Rad checken, Zeit totschlagen, in den Neo, zum Start, beten, dass es dieses Jahr nicht wieder so ein Gekloppe werden wird, Startschuss: Top, die Wette gilt!
Zum schwimmen nur so viel: es war die Schlägerei meines Lebens! Bis zur ersten Boje (500 m) hatte ich den Kopf nicht einmal (freiwillig) unter Wasser. Schwimmzeit: 1:03 h, was für mich ganz ok ist (Meer ist doch nochmal was anderes als Baggersee). 
Auf dem Rad gehts in Nizza nach 20 km in die Berge. Die Strecke ist wunderschön, lädt aber dazu ein sich gleich am Anfang komplett zu zerschießen, was der Eine oder Andere vor mir auch gemacht hat und so kamen mir beim Anstieg zum Col de l'Ecre (1120 HM) die Leute reihenweise entgegen. 
Die Verpflegung lief gut, alle halbe Stunde ein Gel, zu trinken Wasser. So viel wie reingeht: If you feel good, eat! 
Die Abfahrten haben es in sich und als mittelmäßiger Abfahrer ohne Streckenkenntnis ist mein Leben mehr als einmal vor meinem inneren Auge vorbeigezogen. Nach 5:20 h war das, insgesamt solide, Radfahren geschafft. 
Zu Beginn des Laufens war ich etwas irritiert, da die Kilometerschilder falsch standen oder ganz fehlten, fehlte auch die Orientierung, bis ich bei Kilometer 5 gemerkt habe, dass ich viel zu schnell angegangen bin; noch mehr, als ohnehin immer (Ziel war es den Kilometer in 4:20 min zu laufen, angelaufen bin ich in 4:05 min). Die Laufstrecke ging vier mal entlang der Uferpromenade hin und her. Mittlerweile war es Mittag und es hatte 30°C im Schatten, den es nicht gab: Bedingungen, wie ich sie erhofft hatte! 
Im Ziel: Tot aber glücklich
An den Verpflegungsstellen (ca. alle 2 km) nahm ich abwechselnd Cola und Iso und kippte mir soviel Wasser über den Kopf, wie ich greifen konnte. Nach 25 km schmerzte, wie immer, der ganze Körper und man denkt von Verpflegung zu Verpflegung. Ich bin aber erfreulicherweise kaum langsamer geworden und war nach 3:02 h Laufzeit im Ziel. Das war die 12. Laufzeit des Tages und mit 9:33 h der insgesamt 29. Platz. Damit war ich natürlich zufrieden!
Auch der Rest des "Teams Low-Carb" hat Top Zeiten abgeliefert!

Fazit
Als erstes würde ich festhalten, dass die Vorbereitung in Ketose generell geklappt hat, obwohl ich praktisch gegen alle Ernährungsempfehlungen verstoßen habe, die für Ausdauersportler gegeben werden.
Das Ergebnis war gut und der schnelle Marathon, ohne Einbruch, hing sicher auch damit zusammen, dass ich immer mit leeren Speichern trainiert habe. 
Der gesamte Trainingsaufwand war (für Ironman-Verhältnisse) moderat. Ich hatte im Jahr 2010 bis dahin pro Woche im Schnitt 11 Stunden trainiert und bin 22 km gelaufen.

Trotzdem werde ich mich nicht mehr in Ketose vorbereiten und zwar aus folgenden Gründen:

  • Wie gesagt, ich habe es einmal gemacht es hat geklappt und damit ist ein großer Teil des Reizes weg.
  • Obwohl ich Ketose oder VLC (Very Low Carb) allgemein für sehr günstig halte, denke ich dass insbesondere bei viel Sport Kohlenhydrate auch Vorteile haben:
    • Man regeneriert nach harten Einheiten einfach besser.
    • Man kann die Intervalle härter machen.
    • Obst schmeckt super und ist, vor allem nach harten Einheiten, auch Soul food!
  • Die Vorteile der Ketose kann man auch durch nüchterne Einheiten erreichen.
Jedem, der es ausprobieren will, kann ich empfehlen, während des Trainings zumindest für einige Zeit (zwischen Januar und März), VLC oder ketogen zu essen. Es ist ein Erlebnis!


2 Kommentare:

  1. Manfred Klittich (M75)6. Juni 2012 um 04:36

    Da ich auch gerne etwas mit meinem Körper experimentiere, hatte ich nach 15 Jahren vegetarischer Ernährung auch mal das Gegenteil probiert: Ketogene Diät d. h. nur Fleisch, Fisch, Eier, Nüsse, kohlenhydratarmes Gemüse. Ich kann Sebastians Erfahrungen nur bestätigen. Man fühlt sich stark und trotz ausgedehnten Trainings immer gut gelaunt und -erholt. Man hat Energie für extrem lange Belastungen, nur an der Maximalleistung mangelt es. Sie steht so etwa eine halbe Stunde zur Verfügung, bis das wenige, in den Muskeln gespeicherte Glykogen verbraucht ist. Deswegen empfiehlt es sich auch, vor Wettkämpfen eine zweitägige Carbo-Loading-Phase einzubauen. Ich war mit Keto beim Ironman nicht langsamer aber auch nicht schneller als mit Normal- oder vegetarischer Kost. Ich könnte mir aber vorstellen, daß man bei Extremwettkämpfen, die sich über mehrere Tage erstrecken, mit Keto Vorteile hat. Alles schön und gut. Aber bitte bedenken: Ein Fleischfresser nimmt 17 Hungernden die Nahrung weg! Deswegen Keto höchstens mal als Experiment, sonst lieber vegan.

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    1. Danke für den Kommentar. Ironman M75: wow, das ist beeindruckend!
      Meine Erfahrung ist, dass man am besten fährt, wenn man rechtzeitig (1 bis 2 Monate) vor dem Wettkampf auf eine kohlehydratarme, aber nicht ketogene Ernährung, umstellt und nach harten Einheiten, auch mehr Kohlenhydrate (Kartoffeln, Obst,...) isst.
      Was den Hunger in der Welt angeht, stimme ich voll zu, wenn es um Fleisch geht, das von Tieren stammt, die mit Getreide gemästet wurden.
      Betrachtet man allerdings Weidetiere und berücksichtigt, dass ein Großteil der weltweiten landwirtschaftlichen Nutzfläche Grünland ist, sieht die Sache anders aus. Das führt aber zu weit.

      Viele Grüße
      Sebastian

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